Das „überlastete“ Gesundheitssystem

Gesundheitssystem

Eines der Hauptargumente für die Maßnahmen gegen die Coronapandemie ist seit Anbeginn die Vermeidung einer Überlastung unseres Gesundheitssystems. Wenn wir die Verdoppelungszeit nicht auf 14 Tage bringen, wenn wir den R-Wert nicht auf unter 1, unter 0,8 oder andere Werte bringen, wenn wir die Inzidenzzahl nicht auf den Wert X drücken (dieser ändert sich, je nach nachdem wie viel oder wie gefährlich die eine oder andere Mutation angenommen wird), dann wird unser Gesundheitssystem überlastet sein. Die Krankhäuser laufen über, wir müssen die unmenschliche Triage anwenden und Leben für Leben nach Wertigkeit abwägen. So oder so ähnlich wird uns seit fast einem Jahr die Notwendigkeit der Maßnahmen und des Lockdowns verkauft.

Der Deutsche an sich ist ja zum Glück gründlich und dokumentiert alles gerne haarklein. Und so kam es, dass die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) e.V. ein Intensivregister ins Leben gerufen hat, dem die Krankenhäuser ihre verfügbaren Kapazitäten, freie Betten, Notfallreserven, Zahl der COVID-19 Fälle und deren Anteil an der gesamten Intensivbelegung melden konnten und dies auch taten. Nach fast einem Jahr kann man nun all diese Zahlen, formschön in Diagramme gegossen, bewundern. Und das ist genau das, was wir nun auch hier machen werden.

Die Intensivbettenbelegung:

Intensivbelegung
Quelle: DIVI Intensivregister

Der steile Anstieg zu Beginn April stellt die immer größer werdende Teilnahme von Krankenhäusern dar. Sobald diese Teilnahmezahlen einmal gesättigt waren, kann man das ganze Jahr über eine praktisch gleichbleibende Gesamtbelegung der Betten verzeichnen. Allenfalls über den Winter gibt es einen leichten Anstieg zu erkennen, was in den Wintermonaten allerdings normal ist. Gleichzeitig sieht man auch, wie viele Personen mit einem positiven PCR-Test in den Betten lagen und damit automatisch als „COVID-19-Fall“ gezählt wurden. Die ansteigende Zahl eben benannter Patientenkategorie hat allerdings nicht zu einem Anstieg der Gesamtbelegung geführt. Interessanterweise gibt es um Weihnachten herum sogar noch einen kleinen Knick nach unten in der Belegungszahl, zum Höhepunkt der Covid-19 Fälle.

Nun erinnern wir uns, dass mit Eintritt des Herbstes und Beginn des Winters in den Medien zunehmend und immer dramatischer beschworen wurde, dass die Intensivbetten von Tag zu Tag knapper würden. Auch dies kann man anhand des DIVI-Intensivregisters beobachten.

Die Verknappung der Betten:

Intensivbetten
Quelle: DIVI Intensivregister

Hier kann man nun sehen, dass Anfang August zwar eine kapitale „Notfallreserve“ hinzugezählt wurde, welche laut Intensivregister binnen sieben Tagen aktiviert werden kann, aber gleichzeitig gab es auch einen nicht unerheblichen Einbruch an freien Betten, ohne dass die Belegung gestiegen wäre. Mit Beginn des Herbstes und in den Winter hinein ist zu beobachten, dass sukzessive Intensivbetten abgebaut wurden, obwohl die so viel beschworene zweite Welle der Pandemie an Fahrt aufnimmt und immer mehr COVID-19 Patienten die Krankenhäuser bevölkern.

Das Krankenhausfinanzierungsgesetz

In der ersten Hälfte des Jahres 2020 haben die Krankenhäuser eine umfassende Freihaltepauschale¹ für Intensivbetten, welche für COVID-Patienten freigehalten wurden, zugesprochen bekommen (560,- € pro Tag und Bett). Das hatte zur Folge, dass eine maximal mögliche Anzahl von Intensivbetten über den Sommer vorgehalten wurde. Allerdings war die Lage im Sommer sogar dermaßen entspannt, dass im Gesundheitssystem ca. 400.000 Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt wurden. Über den Verlauf des Jahres wurden sogar 21 Kliniken geschlossen, wie u. A. die Berliner Zeitung berichtete. In einer der schwersten Pandemien seit Menschengedenken wohlgemerkt!

Am 18. November 2020 wurden im dritten Gesetz² … dann die Regularien für die Freihaltepauschalen so geändert, dass es nur noch Gelder für freie Betten gibt, wenn die Intensivbetten zu 75% oder mehr gefüllt sind und der Inzidenzwert über 70 liegt. Hatte ein Krankenhaus zum Beispiel nur eine Intensivbelegung von 70% vorzuweisen, so ging es leer aus.

In der Folge dessen wurden dann kontinuierlich Intensivbetten abgebaut, bis man in relativ kurzer Zeit die Intensivbettenbelegung den notwendigen Wert von 75% oder knapp darüber erreichte und es an diesem Punkt dann stagnierte. Das Ganze wurde von entsprechenden medialen Warnungen über die Zuspitzung der Lage im ganzen Land (als Beispiel der Tagesspiegel, welcher die Intensivbelegung in Prozent angibt, aber mit keinem Wort auf den Abbau der Intensivbettenanzahl eingeht) begleitet. Die absolute Intensivbettenbelegung hat sich also praktisch nicht verändert, sondern nur die Anzahl der Betten, welche auf die Zuwendungsvoraussetzungen angepasst wurden.

Ein weiteres Argument für alle kritischen Beobachter ist dann am Ende immer das fehlende Personal, welches letzten Endes der wahre Flaschenhals wäre und auch der Grund für die geringere Anzahl der Betten sei. Es ist richtig, dass seit Jahren bereits, immer mehr Personal im Gesundheitswesen, vor allem in Krankenhäusern, abgebaut wurde. Allerdings konnten im Sommer noch viel mehr freie Intensivbetten betrieben werden, als etwa 400.000 Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen in Kurzarbeit geschickt wurden.

Zum Schluss bleibt dann noch das Gedankenspiel: was wäre, wenn …

Was wäre, wenn man auf die sehr teuren Lockdowns verzichtet hätte, z.B. analog zu Schweden, und einen Teil des gesparten Geldes in die Bezahlung und Aufstockung von Krankenhauspersonal und -ausrüstung investiert hätte? Denn dass der Winter mit einer Erkältungswelle und damit auch natürlicherweise mit einem Anstieg von COVID-19 Fällen einhergehen würde, hätte allen Verantwortlichen schon längst klar sein müssen.

Wie auch immer, die Lage ist dramatisch, die Mutationen sind im Anmarsch, der Kollaps steht bevor, Sie wissen schon …

Quellen:
¹ = Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite
² = Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite

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